Im Herbst des Jahres 2000 erschienen auf der freitäglichen Nachrufseite im Tagesspiegel nacheinander zwei Nachrufe auf ein und denselben Mann. Über dem ersten Text stand nur ein Name: „Ernst Müller“, über dem zweiten ein paar mehr: „Ernst Müller alias Marco von Lobkowicz alias Herbert von Gmachler alias Roberto Sbogetoni“. Die Nachrufseite gab es damals noch nicht lange, der erste Nachruf auf Ernst Müller entstand so, wie die meisten Nachrufe in Zeitungen entstehen: Es gab eine Agenturmeldung zum Tod des Mannes, der mit seiner Holocaust-Geschichte eine gewisse Prominenz erlangt hatte. Zunächst ein paar Worte darüber, wie die Nachrufe entstehen. Wir schreiben über Menschen aus Berlin, über die Zeitungen in aller Regel keine Nachrufe veröffentlichen, über deren Tod, anders als im Fall von Ernst Müller, keine Presseagentur eine Meldung herausgibt.
Source: Der Tagesspiegel May 02, 2019 10:30 UTC