„Die Lehre von Karl Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist.“ So klar, so eindeutig, so alternativlos war der Befund des russischen Revolutionsführers Wladimir Iljitsch Lenin, der auch einer der wichtigsten Theoretiker des Sozialismus war. Sein Satz über die allmächtige Lehre von Karl Marx galt im sozialistischen Lager bis 1989 als Mehrheitsmeinung in der einschlägigen Wissenschaft, mehr noch: als die einzig richtige und zulässige Anschauung. Wer sich den Luxus einer abweichenden oder gar gegenteiligen Auffassung leisten wollte, musste den Preis dafür nicht selten im Gulag entrichten. False Balance oder falsche Ausgewogenheit – das ist ein in Wissenschaftskreisen gerade in diesen Corona-Tagen heiß diskutiertes Phänomen. Die Befürchtung ist, dass wissenschaftliche Minderheitspositionen zu viel mediale Aufmerksamkeit erhalten, jedenfalls mehr, als ihnen zusteht.
Source: Die Welt January 12, 2022 02:54 UTC