Die höchst erfolgreiche Telenovela über den Koksadel müsste dann also eigentlich an ihr natürliches Ende kommen: In der kolumbianischen Version des Hitler-Absturzes »Der Untergang« bezeugen wir - dramaturgisch höchst zugespitzt - die letzten Tage eines Tyrannen. Los geht die zweite Staffel mit einer Flucht: 1991 hatte Escobar einen Waffenstillstand erklärt und sich der Polizei gestellt - unter der Bedingung, nicht an die USA ausgeliefert zu werden. Gleichzeitig wurden ultrabrutale rechte Todesschwadronen wie Los Pepes oder die Autodefensas Unidas de Colombia von der US-amerikanischen und der kolumbianischen Regierung gefüttert und von der Leine gelassen. Hier sollte den Zuschauern tatsächlich weisgemacht werden, das Motiv der USA und der kolumbianischen Oberschicht für die Jagd auf den Massenmörder Escobar sei eine moralische Gegnerschaft zum Kokain gewesen - und nicht der Hass auf einen totalitären Emporkömmling, der die seit Jahrhunderten fest gefügte kolumbianische Reichtumsverteilung in Frage stellte und der auch noch krude, irgendwie »sozialistische« Flausen im Kopf hatte. Dadurch wird alles dichter und intensiver, der Fokus legt sich immer mehr auf die Personen, auf die Verstrickungen zwischen Verrat und Loyalität, auf Escobars kompliziertes System von Spähern und Helferlein.
Source: Neues Deutschland September 06, 2016 16:18 UTC